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Buch-Server Calibre

Das Open-Source-Programm Calibre hat sich ganz auf die Verwaltung von E-Books spezialisiert. Für wirklich große Sammlungen lohnt sich Calibre als Server, der die Bibliothek über jeden Browser für alle Netzgeräte bereitstellt.

Mit der Verbreitung von Tablets gewinnen E-Books – oft im PDF-, MOBI-, CHM- oder EPUB-Format – immer mehr Freunde. Selbst bibliophile und konservative Leser sind leicht durch die unbestreitbaren Vorteile zu überzeugen, die E-Books auf einem handlichen Tablet bieten: Textgröße, Kontrast, Helligkeit lassen sich an jede Situation anpassen. Und auf einem Tablet passt eine ganze Bibliothek ins Handgepäck. Für eine opulente oder systematische Sammlung belletristischer und technischer Bücher ist aber die Aufbewahrung auf verstreuten Lesegeräten suboptimal: Neben der Frage „Was habe ich eigentlich wo (doppelt)?“ wird dort auch schnell der Speicher knapp. Eine ideale zentrale Lösung für das Heimnetz bietet die Software Calibre mit seiner Server-Komponente.

Calibre installieren und Bibliothek erstellen

Calibre gibt es für alle Betriebssysteme unter https://calibre-ebook.com/download. Diese Anlaufstelle ist auch für Linux zu empfehlen, weil eine Installation über die Paketquellen etwa unter Debian/Ubuntu/Mint mit

sudo apt install calibre

nur ältere Versionen anbietet. Für die lokale Nutzung auf einem Rechner spielt das keine große Rolle, aber gerade die Serverkomponente hat in den aktuellen Versionen funktional dazugelernt und kommt auch optisch wesentlich frischer daher. Verwenden Sie daher zur Installation diese Befehlskombination:

wget -nv -O-
https://download.calibre-ebook.com/linux-installer.py | sudo python -c
"import sys; main=lambda:sys.stderr.write('Download failed\n');
exec(sys.stdin.read()); main()"

Das komplexe Kommando kann von der oben genannten Downloadseite oder von hier ohne Tippaufwand direkt ins Terminal kopiert werden. Diese Installationsmethode funktioniert auch als Update einer älteren Version, wobei eine bereits bestehende Bibliothek erhalten bleibt. Calibre ist nach der Installation über das Desktop-Menü oder mit dem Aufruf calibre im Terminal zu erreichen.

Für den Aufbau und die Erweiterung einer Bibliothek dient die Schaltfläche „Bücher hinzufügen“. Den Massenimport von heterogenen Formaten und ganzer Verzeichnisebenen ermöglicht die Unteroption „Bücher aus verschiedenen Verzeichnissen […], jede e-Book-Datei ist ein anderes Buch“. Damit integrieren Sie unstrukturierte Sammlungen von PDF-, HTML-, EPUB- und Office-Formaten in die Calibre-Datenbank. Beachten Sie, dass Calibre alle Dateien physisch kopiert und standardmäßig im Ordner ~/Calibre-Bibliothek/ einsammelt. Beim Import aus unstrukturierten Quellen wird die Software versuchen, aus Dateinamen und Metadaten Informationen zu beziehen, um jedes Buch sinnvoll zu katalogisieren. Fehler aufgrund unzulänglicher Metadaten sind beim Massenimport unvermeidlich, können aber später über „Metadaten bearbeiten“ manuell und mit der Hilfe von Online-Diensten („Metadaten herunterladen“) korrigiert werden.

Die Suche bestimmter Titel erfolgt im Suchfeld über dem Hauptfenster. Weitere Filtermöglichkeiten bieten Kategorien in der linken Navigationsleiste wie „Autoren“, „Formate“, „Bewertung“ oder „Schlagwörter“. Zum Lesen eines markierten Titels verwenden Sie die Schaltfläche „Bücher öffnen“.

Da es nicht primärer Gegenstand dieses Beitrags ist, die zahlreichen Filter-, Konvertierungs- und Einstellungsoptionen der komplexen Software zu erläutern, verweisen wir an dieser Stelle auf das größtenteils deutschsprachige Online-Handbuch unter https://manual.calibre-ebook.com/de/.

Calibre als Lektüre-Server im Netz

Ist eine Bibliothek erst einmal eingerichtet, kann Calibre diese für das Netzwerk freigeben. Für den Start der Serverkomponente genügt der Klick auf „Verbinden/Teilen -> Inhalteserver starten“. Danach informiert Sie ein weiterer Klick auf „Verbinden/Teilen“, unter welcher Adresse der Blbliotheksserver zu erreichen ist. Eine Angabe wie „192.168.178.10, port 8080“ zeigt, dass jeder Browser im lokalen Netz mit der Adresse „192.168.178.10:8080“ zum Calibre-Server gelangt. Wie bei jedem Server ist es auch hier von Vorteil, diese IP-Adresse statisch zu setzen (über den Router), damit Sie sich künftig jederzeit mit einem Lesezeichen verbinden können. Der Calibre-Server kann unter „Einstellungen -> Netzwerkserver“ detailliert konfiguriert werden. Falls nötig, gibt es unter „Benutzerkonten“ auch eine Benutzerverwaltung mit Zugriffskennwörtern.

Auf Client-Seite ist das wichtigste Werkzeug das Lupensymbol im Seitentitel. Im einfachsten Fall geben Sie im Suchfeld einen Autoren- oder Titelnamen ein. Die Treffer werden mit ihrem Titelbild angezeigt, und ein Klick darauf bietet Detailinformationen sowie die Optionen „Lesen“ und „Herunterladen“. Für die Option „Lesen“ wechselt der Browser automatisch in den Vollbildmodus.

Bei einer umfangreichen und gut gepflegten Calibre-Bibliothek können Sie unterhalb des Suchfeldes die Suchkategorie eingrenzen und etwa nur in der Kategorie „Schlagwörter“ nach einem bestimmten Begriff suchen oder unter „Bewertung“ nach einem speziellen Rating.

Calibre-Server „headless“: Die bislang beschriebenen Einrichtungs- und Server-Möglichkeiten orientierten sich an der grafischen Oberfläche von Calibre. Für den grundsätzlichen Aufbau der Bibliothek und insbesondere für Nachbesserungen an den Meta-Informationen ist die grafische Oberfläche in der Tat dringend zu empfehlen. Calibre bietet jedoch darüber hinaus Kommandozeilenwerkzeuge, die eine vollständige Steuerung über eine SSH-Konsole ermöglichen. Somit kann der Lektüre-Server auch auf einem Platinenrechner ohne Monitor und Tastatur laufen (headless). Der wichtigste Befehl

calibre-server /home/ha/Calibre-Bibliothek/

startet die Server-Komponente und ist im Prinzip gleichbedeutend mit dem Menüpunkt „Verbinden/Teilen -> Inhalteserver starten“ an der grafischen Oberfläche. Der Befehl gibt nur den einfachsten Einsatz wieder, ist aber für das Heimnetz in der Regel völlig ausreichend. Die Hilfeseite

calibre-server --help

informiert darüber, dass Sie auf der Kommandozeile alles steuern können, was auch auf der grafischen Oberfläche unter „Einstellungen -> Netzwerkserver“ zu finden ist.

Für den Ausbau und die Verwaltung der Bibliothek ist das mächtige Kommandozeilenprogramm calibredb zuständig. Der wichtigste Schalter „add“ kann alles, was die Optionen unter „Bücher hinzufügen“ auf der grafischen Oberfläche anbieten. So importiert der Befehl

calibredb add --recurse /media/ha/Data/PDFs

alle E-Book- und Textformate, die im angegebenen Pfad liegen, in die Calibre-Bibliothek. Weitere add-Optionen zeigt die Hilfeseite calibredb add –help undden Gesamtumfang des Tools calibredb der Befehl calibredb –help. Theoretisch lässt sich damit ein Calibre-Server von Anfang an und vollständig ohne Oberfläche betreiben – wirklich komfortabel ist das allerdings nicht. Wir empfehlen daher, die Basis im grafischen Programm zu legen. Der Serverstart und gelegentliche Nachbesserungen bereiten hingegen über das SSH-Terminal im Headless-Betrieb keine Mühe.

Calibre-Bibliothek übers Netzwerk durchsuchen: Die Suchergebnisse werden mit Buchtitel angezeigt, nach einem Klick darauf erscheinen weitere Optionen.
„Lesen“ oder „Herunterladen“: Nach Auswahl eines Buchtitels kann die Lektüre beginnen. Beim direkten „Lesen“ ist Voraussetzung, dass der Browser das Format versteht.

Windows 10 IoT Core auf Raspberry

Falls sich bei dem Namen „Windows“ ganz konkrete Vorstellungen einstellen, sollte man sich davon bei Windows 10 IoT Core erst einmal radikal verabschieden. Etwas mehr als den Kernel bringt dieses Windows „Core“ zwar schon mit, aber es ist von einem Desktop-Windows wesentlich weiter entfernt als etwa ein Raspbian von einem Ubuntu. Unterm Strich ist Windows IoT ausschließlich für die Headless-Steuerung via Netzwerk (SSH, Web-Oberfläche, Powershell) und vorwiegend für die Entwicklung eigener Projekte konzipiert. Wir erklären hier, was mit dem System auch ohne Programmierung mit dem Entwicklerwerkzeug Visual Studio 2015 anzustellen ist und wie es sich dabei im Vergleich zu Linux verhält.

1. System-Image für den Raspberry

Bei der Image-Auswahl und Bestückung der SD-Karte muss sich Windows IoT Core schon mal einige Punkteabzüge gefallen lassen. Den diversen, bereits funktional spezialisierten Linux-Varianten für den Raspberry steht genau ein Windows gegenüber und dessen Installation ist nicht überall trivial. Eine erste Hürde ist die nicht klar kommunizierte Tatsache, dass das aktuelle „Windows 10 IoT Core Release Image“ auf dem jüngsten Raspberry 3 noch nicht läuft. Wer die Downloadseite https://ms-iot.github.io/content/en-US/Downloads.htm ganz genau liest, kann dies vermuten, weil der Raspberry Pi 3 nur unter der Vorversion „Windows 10 IoT Core Insider Preview“ namentlich aufgeführt ist. Es kann gut sein, dass demnächst die normale Hauptversion auch den neuesten Raspberry unterstützt, aber Anfang Mai 2016 war dies noch nicht der Fall und wir mussten auf die Insider Preview ausweichen. Dabei ist es aber nicht nötig, am Insider-Programm von Microsoft teilzunehmen, weil auch der bewährte NOOBS-Installer der Raspberry Foundation diese Insider Preview einrichten kann (Download unter www.raspberrypi.org/downloads/noobs). Wenn Sie den Raspberry mit NOOBS booten und dann die Option „Windows 10 IoT Core“ wählen, holt sich NOOBS die aktuellste Preview von Windows IoT aus dem Netz. Eine flotte Internetverbindung ist ratsam, weil der Download circa 1825 MB umfasst.

Wichtige Anmerkung: Beachten Sie, dass die beschriebene Einrichtung über NOOBS nicht die von Microsoft vorgesehene Installationsweise darstellt. Microsoft zielt nämlich auf eine enge Zusammenarbeit eines Windows-10-PCs mit der Raspberry-Platine. Beim Download des „Windows 10 IoT Core Release Image“ von https://ms-iot.github.io/content/en-US/Downloads.htm erhalten Sie ein ISO-Image, das Sie unter Windows 10 „Bereitstellen“ (Mounten) sollen, um anschließend die dort enthaltene MSI-Datei auszuführen. Dabei wird am Windows-Rechner das eigentliche Image (flash.ffu) entpackt, ferner zwei Hilfsprogramme eingerichtet – eines zum Schreiben des ffu-Images (IoTCoreImageHelper.exe), ein weiteres (WindowsIoTCoreWatcher.exe) zur besonders einfachen Verwaltung einer oder mehrerer Raspberry-Platinen mit Windows IoT.

Dies mag den Eindruck erwecken, dass sich ein Raspberry mit Windows IoT nur über ein Windows 10 einrichten und bedienen lasse. Das ist aber falsch: Richtig ist nur, dass die Entwicklung eigener Programmierprojekte ein Windows 10 mit Visual Studio 2015 voraussetzen. Die Nutzung und Fernwartung eines Raspberry mit Windows Core funktioniert hingegen auch ohne diese Hilfsprogramme und ohne Windows-PC.

Hinweis zur Hardware: Der WLAN-Chip auf dem neuen Raspberry 3 wird von der Windows IoT Insider Preview nicht erkannt. Dieses Manko kann bei Erscheinen dieses Heft eventuell behoben sein. Wann genau das der Fall sein wird, das lässt sich der vagen Aussage „coming soon“ auf http://ms-iot.github.io nicht entnehmen.

Überflüssiges Tool unter Windows: Der „Core Watcher“ wird am PC automatisch installiert, wenn Windows IoT via Windows auf SD-Karte geschrieben wird

2. Erster Start: Was läuft auf dem Raspberry?

Falls am Raspberry Monitor und Maus angeschlossen sind, erscheint nach dem Start eine einfache Oberfläche, die nur eine wesentliche Information anbietet, nämlich die lokale IP-Adresse. Über das Zahnradsymbol ist nicht mehr zu erreichen als die Einstellung der Sprache. Der Punkt „Lernprogramme“ gibt auch nicht viel her. Generell ist die hübsche, aber praktisch funktionslose Oberfläche entbehrlich bis nutzlos. Der Raspberry mit Windows IoT wird komplett über das Netzwerk verwaltet.

Bei den automatisch gestarteten Standarddiensten hat Microsoft nichts Wesentliches ausgelassen. Das System und die Dateien auf dem System sind auf viele Wege zu erreichen:

* Der SSH-Server läuft. Der Raspberry ist von jedem Client-System via ssh administrator@192.168.0.22 (Beispiel) und dem Standardkennwort „p@ssw0rd“ erreichbar (Zahl 0 statt Buchstabe o!).

* Der Web-Server läuft: Die Verwaltungsoberfläche des Raspberry ist von jedem Client-System im Browser über http://192.168.0.22:8080 erreichbar (Beispiel). Die Standardauthentifizierung lautet wieder „Administrator“ und Kennwort „p@ssw0rd“

* Der FTP-Server läuft: Der Raspberry ist von jedem Client-System via FTP über seine IP-Adresse erreichbar. Hier ist der anonyme Zugriff ohne Authentifizierung vorgesehen. Freigegeben ist standardmäßig das Systemlaufwerk (C:\).

* Der Lanmanserver läuft: Spezielle Freigaben sind per SSH leicht einzurichten, die dann von jedem Client-System erreichbar sind. Sofort ab Installation, also ohne jede Einrichtung, sind die typischen administrativen Standardfreigaben (C$, D$) erreichbar – allerdings nur mit Windows-Clients.

* Das Windows Remote Management läuft: Somit kommen Windows-Client auch über die Windows Powershell an den Raspberry, die mehr Möglichkeiten bietet als die normale Kommandozeile Cmd (die bei SSH-Verbindung startet).

* Wer Windows IoT über einen Windows-10-Rechner installiert hat, erhält auf diesem Rechner zusätzlich den schon genannten „Windows IoT Core Watcher“ als Hilfsprogramm: Der spürt Raspberry-Platinen mit Windows IoT im lokalen Netz auf und bietet per Rechtsklick deren Verwaltungsoberfläche und die administrativen Datenfreigaben. Das Tool ist aber vollständig entbehrlich, wenn der Raspberry mit fester IP über ein Browser-Lesezeichen und die Datenfreigaben im Dateimanager des PCs zu erreichen sind.

Die von Microsoft vorgesehene Installationsweise von Windows IoT: Hier ist ein Windows-Rechner notwendig, der mit einem speziellen Flash-Tool ausgestattet wird.

3. Windows IoT im praktischen Einsatz

Die ersten Maßnahmen auf einem Windows IoT unterscheiden sich nicht grundsätzlich von einem Linux-System auf dem Raspberry: Eine der wichtigsten Aktionen ist ein feste IP-Adresse für das Gerät, was Sie am besten zentral im Router erledigen. Damit ist das System per SSH oder Browser zuverlässig zu erreichen. Ob der Zugriff dann unter Linux mit (Beispiel)

ssh administrator@192.168.0.22

oder mit Putty/Kitty unter Windows erfolgt, spielt keine Rolle.

Zu empfehlen ist ferner ein individuelles Kennwort für das „Administrator“-Konto (vergleichbar mit root unter Linux). Dies kann der Befehl

net user administrator meinkennwort

auf der SSH-Konsole erledigen, ist aber auch auf der Verwaltungsoberfläche unter „Home -> Preferencies“ vorgesehen. An gleicher Stelle können Sie auch den Standard-Hostnamen „minwinpc“ individuell einstellen.

Windows IoT kann mit oder ohne Bildschirmoberfläche („headed“ oder „headless“) gestartet werden. Falls Sie kein eigenes Projekt planen, das eine Bildschirmausgabe vorsieht: Die Standardoberfläche des Systems und ein am Raspberry angeschlossener Bildschirm sind reichlich nutzlos. Für die Abschaltung gibt es ein Extra-Programm:

setbootoption.exe headless

Dies und ein Reboot schaltet die Oberfläche ab und bringt etwa 60 MB zusätzlichen Speicher (der Parameter „headed“ schaltet die Oberfläche jederzeit wieder ein). Einen Reboot lösen Sie am bequemsten über die gleichnamige Schaltfläche in der Verwaltungsoberfläche aus, aber natürlich funktioniert auch ein shutdown /r /t 0 auf der SSH-Konsole.

Neben dem überall funktionierenden SSH-Zugriff gibt es unter Windows auch noch den Remote-Zugang via Powershell (Beispiel):

net start WinRM
Set-Item WSMan:\localhost\Client\TrustedHosts -Value 192.168.0.22
Enter-PSSession -ComputerName 192.168.0.22 -Credential 192.168.0.22\Administrator

Die zweite Befehlszeile ist nur ein einziges Mal notwendig, um den Raspberry dem Windows-PC bekannt zu machen. Der erste Befehl ist nur einmal innerhalb einer Windows-Sitzung notwendig. Für die Eingabe des Kennworts nach dem dritten Befehl erscheint dann ein grafischer Dialog.

Die Verwaltungsoberfläche liefert unter „Processes“ und „Performance“ einen guten Überblick über die Systemauslastung und über laufende Tasks, die sich hier auch beenden lassen. Ohne Monitorausgabe („headless“) sollte das pure Standardsystem deutlich unter 200 MB liegen. Bei Aufgaben als einfacher Datenserver liegt die CPU-Last bei 10 bis maximal 30 Prozent. Das sind Werte, die auch ein schlanker Debian-Server nicht signifikant unterbieten kann.

Auf der Seite „Processes“ lassen sich unter „Run command“ einzelne Kommandozeilen direkt übergeben, ohne dafür eine SSH- oder Powershell-Verbindung aufbauen zu müssen. Wenn es sich um einen Befehl des Kommandointerpreters Cmd handeln soll, muss dies in der Form „cmd /c [Befehl]“ erfolgen.

Wenn Sie beim Systemstart automatisch Programme starten (oder beenden) oder Umgebungsvariablen setzen wollen, nutzen Sie vorzugsweise die Datei IoTStartupOnBoot.cmd unter \Windows\System32. Diese wird, wie der Name anzeigt, beim Start automatisch berücksichtigt.

Nur für Windows-Clients: Die Powershell kann sich am Raspberry anmelden und bietet etwas mehr Kommandozeilenkomfort als eine SSH-Verbindung (auf die Cmd-Shell).

4. Einrichtung eines einfachen Datenservers

Die Rolle eines einfachen lokalen Datenservers kann Windows IoT problemlos und mit sehr geringem Konfigurationsaufwand übernehmen. Dazu eignen sich externe USB-Geräte an den vier verfügbaren Ports. USB-Datenträger sind „hot plugable“, werden also im laufenden Betrieb gemountet – in aufsteigender Reihe der Windows-typischen Laufwerksbuchstaben. Um ein komplettes USB-Laufwerk E: für das Standardkonto „Administrator“ freizugeben, genügt ein einziger Befehl (Beispiel):

net share USB_2TB=e:\ /grant:administrator,full

Weitere Konten sind etwa mit

net user /add Sepp geheim

schnell eingerichtet und Netzfreigaben analog dem obigen Befehl zu gestatten, nur mit geändertem Kontonamen. Für die Korrektur eventuell fehlender lokaler Rechte auf Datenträgern ist das Tool icacls.exe an Bord.

Der FTP-Server, der standardmäßig Laufwerk C: anbietet, kann jeden beliebigen Pfad per FTP freigeben. Es genügt, den Dienst zunächst mit

kill ftpd*

zu beenden und dann mit der gewünschten Pfadangabe neu zu starten (Beispiel):

start c:\windows\system32\ftpd.exe e:\daten

Es gibt aber offenbar keine Möglichkeit, den FTP-Server auf ein bestimmtes Konto zu beschränken. Eine Öffnung für den Internet-Zugriff via Portfreigabe scheidet daher aus Sicherheitsgründen aus, und für den Zugriff im lokalen Netz reichen an sich die normalen Freigaben aus.

5. Windows IoT: Ohne Eigenentwicklung geht nicht viel

Die voranstehenden Abschnitte zeigen, dass Windows IoT auf dem Raspberry wesentliche Dienste automatisch mitbringt und mit etwas Erfahrung auf der Windows-Kommandozeile (Cmd) oder der Windows-Powershell gut übers Netzwerk zu verwalten ist – und zwar nicht nur über Windows, sondern auch über Linux oder Mac OS X (SSH und Browser). Alltagstaugliche Einsatzmöglichkeiten, wie wir sie von Linux-Systemen wie Raspbian, Open Media Vault, Openelec und zahlloser Software wie Kodi, Plex, Owncloud, Mediawiki kennen, sind aber nicht annähernd in Sicht. Die skizzierte Einrichtung als lokaler Datenserver (Punkt 4) ist das einzige alltagstaugliche Szenario, das sich mit dem purem Windows-IoT-System umstandslos realisieren lässt. Batch-Frickler können sich mit den angebotenen Kommandozeilen-Tools unter \Windows\System32 und dem Cron-ähnlichen Scheduler Schtasks sicher noch einige zusätzliche Komfortfunktionen hinzubasteln. Ein Hemmschuh ist dabei, dass nicht einmal ein Texteditor an Bord ist und somit Änderungen an Batch- oder Konfigurationsdateien immer über die Freigaben am Remote-PC erfolgen müssen.

Über diese engen Grenzen hinaus führt nur die Entwicklung eigener Programmierprojekte. Hier steht man allerdings mit einem Linux-Rechner komplett außen vor. Die Entwicklung benötigt einen Windows-10-Rechner mit Visual Studio 2015 (wobei aber die kostenlose Community-Edition ausreicht: www.visualstudio.com/de-de/downloads). Selbst Nutzer, die nur das eine oder andere schon existierende Beispielprojekt auf ihrem Raspberry ausprobieren wollen, kommen nur mit Hilfe von Windows ans Ziel: Die überall verfügbare Verwaltungsoberfläche im Browser sieht zwar unter „Apps -> Install package“ das Laden von Projekten auf den Raspberry vor, dazu müssen diese aber als Appx-Pakete vorliegen, was wiederum Visual Studio oder zumindest das Windows-Tool Makeappx erfordert.

Ist auf einem Windows-10-PC Visual Studio installiert, ist der Transport von Projekten auf den Raspberry hingegen recht einfach: Die Sammlung mit den Demo-Projekten unter https://github.com/ms-iot/samples lässt sich mit der Schaltfläche „Download ZIP“ rechts oben komplett herunterladen. Nach dem Entpacken des Archivs genügt ein Doppelklick auf die SLN-Datei des gewünschten Projekts, der das verknüpfte Visual Studio startet und dort automatisch den Debug-Modus und die ARM-Systemarchitektur einstellt (in der Tool-Leiste oben). Daneben muss dann nur noch unter „Device“ die Option „Remotecomputer“ gewählt werden, wobei der Raspberry erkannt und automatisch angeboten wird und ein Klick auf „Auswählen“ das Ziel festlegt. Danach genügt „Erstellen -> [Projektname] erstellen“ zum Kompilieren des Projekt und anschließendes „Erstellen -> [Projektname] bereitstellen“, um das Projekt auf den Raspberry zu befördern. Die Verwaltungsoberfläche zeigt unter „Apps -> Installed Apps“ alle Projekte in einer Dropdown-Liste an. Das jeweils ausgewählte starten Sie dort mit der Schaltfläche „Start“ oder löschen es wieder mit der Schaltfläche „Remove“.

Die meisten der bislang vorliegenden Projekte haben Demo-Charakter, um die technischen Möglichkeiten und den zuständigen Programmcode anzuzeigen. Praxistaugliche und für größere Zielgruppen zu empfehlende Lösungen sind bislang nicht in Sicht.

Leistungsmonitor der Verwaltungsoberfläche: Das Mini-Windows erweist sich als ökonomische Basis für den Raspberry. Hier läuft ein Datentransfer; CPU und RAM zeigen noch viel Reserven.