Aphorismen

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Anpassung
Nein, ich wurde nicht als Arschloch geboren: Es war ein mühsamer Lernprozess sozialer Anpassung.
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Neid und Mengenlehre
„Neid? Nö – kenn‘ ich nicht“, sagt Hartzer Heinz zu Penner Paul: „Auch Milliardär Musk kann nicht mehr Wein saufen als wir beide.“

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A + 53 = B

Mathematik ist eine faszinierende zielorientierte Sprache ohne Konjunktiv und Skrupel: Aus „Wäre Anna 53 Jahre älter, wäre sie so alt wie Berta“ macht die Mathematik den Indikativ „A + 53 = B“, ohne sich um alle sonstigen ontologischen Unterschiede zu scheren.

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Unfrommes Gebet

Doch fiei ihr Blick auf das Kruzifix über dem Esstisch. Und sie legte das Messer wieder zurück. Und sie flehte: „Vater im Himmel, führe mich nicht in Versuchung. sondern erlöse DU mich von dem Bösen.“

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Großer „Small Talk“

Der alte Mann schiebt sein Fahrrad. Langsam. Sehr langsam. Für den Rollator ist er offenbar zu stolz. Man kennt sich: Begrüßung. Und…
Ich: „Wie geht’s?“
Er: „Zu Ende.“
LACHT. Nicht bitter, sondern freundlich, offen.
Er: „So ist das Leben. Ja, es ist so.“
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Er war nie dabei…
Sie waren schick, fesch, hipp, divers.
Er war nie dabei.

Sie waren in der Südsee und in der Antarktis.
Und er? War nie dabei.

Sie waren manisch, depressiv und burned out.
Er nicht. Da war er nie dabei.

Guess who? Genau:
Er war ein Niederbayer
.
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Multi-Dilettanten haben ein erfülltes Leben, ohne dass es groß auffällt.
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Das Leben ist die unbelehrbare Wiederholung der Illusion, das Leben soeben neu zu erfinden.
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Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich lebe: Das Paradies kann das hier nicht sein. Und für die Hölle ist es auch zu wenig…
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Positiv denken!
Positives Denken gibt es nicht: Denken ist logisch und endet nicht dort, wo es gefällt. Der Imperativ, positiv zu bilanzieren, ist der Imperativ, im Zweifelsfall nicht weiter zu denken…
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Positiv denken? (II)
Ganz ehrlich? Sind wir nicht alle Optimisten? Sogar ich? Ich glaube nicht, dass die eurasische Kontinentalplatte die nächsten fünf Jahre auseinanderbricht.
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Was ist das? Deformation – Manierismus – Mimikry?
Autos im 21. Jahrhundert (manchmal reicht Manierismus nicht mehr, dann geht’s Richtung Blechkrebs).
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BMW und der Pavian
BMW-Fahrzeuge variieren die Pavian-Nase mal breit, mal schmal, mal länger. Wer sich damit identifiziert, beweist Gespür für Artverwandtschaft.

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Glaube/Religion und doppelte Hybris

Existenzielle Hybris: Wer glaubt, nimmt sich so wichtig, dass er die Vernichtung seiner Existenz nicht ertragen kann.

Soziale / politische Hybris: Wer glaubt, der spaltet und diskriminiert alle, die es nicht tun. Jene sind defizitär, verloren. Wer gar meint, missionieren zu müssen, erhebt sich demonstrativ, diskriminiert aktiv, unterdrückt, tötet. 
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Schach (I)
Es gehört zu den feinsinnigsten Regeln des Schachspiels, dass der König nicht geschlagen wird. Das Spiel ist verloren, wenn er geschlagen werden könnte.
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Schach (II)
Es ist im Leben wie im Schachspiel: Nichts ist schwerer als ein scheinbar  gewonnenes Spiel tatsächlich zu gewinnen.
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Lesbisch, Schwul und Cool?
Vor 40 Jahren noch kriminalisiert ist Homosexualität heute hipp. Ersteres war falsch, zweiteres auch. Homosexualität ist weder kriminell noch böse, aber auch nicht cool, sondern tragisch, weil sie das  „Eigene“ statt das „Andere“ und damit das „Ganze“ sucht. Erlösung – Versöhnung – Glück? Prinzipiell nein. Individuell sicher immer wieder mal, so wie jede fatale Mesalliance gelegentlich gelingt.
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„Würde“ ist ein antastbarer Konjunktiv.
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AfD: „Alternative für Demokratie“
Hatten wir schon. Hat sich nicht bewährt.
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Je enger der Horizont, desto einfacher der Größenwahn…
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Gedanken los
Neulich hatte ich einen Gedanken. Jetzt ist er weg. Gedankenlos bin ich erst, wenn ich ihn nicht mehr suche…
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Reden ist Silber, Schreiben ist Gold.
(wenn der Schreibende denken und der Lesende lesen kann)
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Wo Menschen keine Rechte haben, sind Tiere arme Schweine.
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Kinderwunsch
Der Wunsch SICH fortzupflanzen, ignoriert zwei prinzipbedingte Mängel: Erstens geht es nicht ohne fremde Hilfe, zweitens ist das Ergebnis immer ein Mischling.

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Der Tod ist gemeinhin unbeliebt und doch die einzige Gerechtigkeit des Lebens.
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Das Leben ist mal so, mal so,
und manchmal einfach anderswo.
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„Das ist unsäglich“, klagte der Holzarbeiter.
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IS – Islamismus – Salafismus

Lasst doch etwas historische Milde walten und gönnt den Religionsspinnern noch ein paar Bomben und Enthauptungen. Der Islam ist 600 Jahre jünger als das Christentum – und wo war das Christentum vor 600 Jahren? Genau: Fleissig am Hexen verbrennen und letzte Kreuzzüge anzetteln. Und das ganz große Gemetzel untereinander stand erst noch bevor…
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Donald Trump und das Gute

Jeder Mensch hat auch gute Seiten: Schwiegermutter Erna zum Beispiel fabriziert eine ausgezeichnete Lasagne. Und Adolf Hitler liebte seine Schäferhündin.
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Konsumfaschismus

Der zeitprägende Konsumfaschismus basiert auf dem paradoxen Irrglauben, dass eine möglichst schrankenlose Teilhabe an Konsumgütern normativ für die Sozialisierung sei. Wir kaufen meistens für die Anderen – um mit dem Konsum gesehen zu werden. Tatsächlich macht diese Teilhabe als Normvorgabe unfrei und isoliert von der Gesellschaft (Neid, Aggression). Politik und Wirtschaft profitieren, das Individuum drängt freiwillig in die Sklavenrolle.  Heute wird schon Kindern gelernt, dass Krippenplätze wichtig sind, damit die Eltern mehr und länger arbeiten können – und dann mehr Geld haben. Heute spricht jeder Politiker von Bildung, was er meint ist Aus-Bildung zum funktionierenden Sklaven. Heute spricht jeder von weiblicher Emanzipation und merkt nicht, dass diese von der Politik längst clever konsumfaschistisch instrumentalisiert wurde. Denn absurderweise produziert Arbeit immer noch mehr Arbeit und damit Steuereinkommen: Wenn alle möglichst viel arbeiten, entsteht neue Arbeit für Handwerker, Pflegedienste, Putzdienste, Kinderbetreuung, Fahrdienste, Gastronomie – und Psychotherapeuten…
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Lebensabschnittsberuf

Früher war es die Ausnahme und ein Indikator für ein (Aus-) Bildungsdefizit, wenn sich der arbeitende Mensch alle Nase lang einen neuen Handlanger-Job und einen neuen Brotherrn suchen musste. Heute nennt sich das Flexibilität und Mobilität: Modernes heimatloses Nomadentum – darauf sind wir stolz? Oder doch wieder ein Bildungsdefizit – andere Ebene?
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G8 oder Kinderarbeit

Bräuchten Kinder für das Funktionieren in einer komplexen arbeitsteiligen Welt nicht (Aus-) Bildung, würden auch westlich geprägte Demokratien längst die Vorteile von Kinderarbeit preisen. Viel Kindheit und Jugendfreiheit ist aber da eh nicht mehr, weil man (Aus-) Bildung zunehmend zeitlich komprimiert, um schnellstmöglich Konsumenten und Steuerzahler zu produzieren.
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Eigene Kinder zu erziehen ist die einzige Möglichkeit, die Leistung der Eltern angemessen einzuordnen.
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Familie
Familie ist ein schwerer Teppich mit starken Farben. Viele SEHEN ihn nicht, denn sie tragen ihn als Mantel, ja als zweite Haut.
Praktischer ist der Einsatz als Wandteppich: Man sieht ihn, kann ihn fühlen, und falls er reißt oder zerfällt, friert man nicht.
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Rauchen
Ich bin Raucher. Also bin ich mindestens dumm, wahrscheinlich  moralisch fragwürdig (moderne Kinderblicke: „Iih, der raucht…!“). Wenn es Helmut Schmidt und Helmut Dietl nicht mehr gibt, wird es eindeutig. Dann bleibt mir nur noch das Versprechen an die Gesellschaft, mich um ein sozialverträgliches und kostenneutrales Ableben zu bemühen.

[30.3.2015 – es wird eng: Helmut Dietl hat es erwischt…]

[10.11.2015: Helmut Schmidt, so ziemlich der letzte öffentlich bekannte, intelligente Raucher, ist tot. Ab heute sind wir Raucher endgültig die Dummen.]

Aber: Rauchen schmeckt und ist kalorienarm.
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Krieg
Es herrscht Krieg: Zwischen Natur und Zivilisation. Zwischen Kreatur und Kreatur. Zwischen Mensch und Mensch. Letzterer wird dauern, solange der Mensch glaubt, statt zu denken.
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Katzenklappe
Katzenklappe rein, Katzenklappe raus: mal geschäftig hektisch, mal stolzierend, mal panisch fliehend. Aber immer wichtig. Meine Katzenklappe rein, meine Katzenklappe raus. Ja, man könnte sie verbessern: Etwas höher, vielleicht etwas breiter? Ach, sie klemmt, sie quietscht. Etwas Öl vielleicht?

Hey – macht doch mal die große Haustür auf, damit das Vieh sieht, dass die Katzenklappe nur das kleine Loch für kleine Katzen ist!
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Unterbrechungsfreie Sozialisierung
Das schwache, langsame, zahnlose Menschlein hat sich sozialisieren müssen, um der Natur und den Fressfeinden zu trotzen.  Dieses evolutionsgeschichtliche Erbe steckt in ihm drin wie ein Überlebensorgan.
Paradox: Just heute, wo er die Natur als Gegner (vorläufig) und Fressfeinde (endgültig) überwunden hat, wo er die Zusammenrottung gar nicht mehr nötig hat, hängt er ununterbrochen an modernen Sozialisierungsgeräten. Die Geräte und Mittel sind MODERN, der Mensch dahinter ist ARCHAISCH. Der moderne Mensch von morgen wird die Sozialisierung relativieren und damit auch diese Sozialsierungsgeräte.
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Fußball
Wenn Männer sich kennenlernen wollen, sollten sie Fußball spielen. Fünf, zehn, zwanzig Stunden gemeinsam auf dem Platz, und man weiß mehr voneinander als nach 10 Jahren im gleichen Büro: Die Extrovertierten, die Stillen, die Memmen, die Kreativen, die Egomanen, die Altruisten, die Ökonomischen, die Verrückten – alles kommt ganz schnell raus bei diesem seltsamen Spiel mit so vielen Männern, bei dem man das Spielgerät teilen kann, aber nicht teilen muss.
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Sehet die Pfaffen der christlichen Kirchen:
Sie säen nicht, sie ernten nicht, doch der himmlische Steuerzahler ernähret sie doch.
[nach Matthäus 6,26]
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Volksabstimmung zur Abschaffung des Priesterberufs
Würde mich interessieren, was eine „Volksabstimmung zur Abschaffung des Priesterberufs“ ergäbe.
Mein Argument: Gäbe es eine lebendige Kirche, wäre es nicht notwendig, die von den Kirchenmitgliedern gewünschten rituellen Handlungen zu institutionalisieren und durch Bezahlung zu garantieren. Eine lebendige Kirche könnte das aus sich selbst erbringen. Gibt es aber keine lebendige Kirche mehr, dann sind diese Rituale nur noch Form ohne Funktion und stehen erst recht zur Disposition.
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Die Theodizee-Frage ist falsch gestellt: Natürlich kann es einen guten Gott geben, der seit Jahrtausenden Menschen zu Schlachtvieh und Robot-Sklaven, andere zu gottgleichen Fürsten macht; es ist der gute Gott der auserwählten Göttermenschen.
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Rotznasse Textfetzen: Lohnschreiber werden schlecht bezahlt. Aber für das, was da teilweise in meiner beleidigten Textverarbeitung landet, gibt es keine Entschuldigung…
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Die Erde ist vermessen: Fluchtpunkt, Phantasie, Vision verloren. Es begann früh, das 21. Jh. hat es vollendet: Antike – Mittelalter – 1492 – 1604 – 1800 – 1911 – 2000 – Google Earth.
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50, 60 ist beim Menschen schon eine Schwelle. Zwei Drittel mindestens sind ‚rum und das dritte taugt nicht mehr viel – Akkumulation von Hinfälligkeiten mit dem Tod als natürlicher Summe.
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Die zwei positiven Zustände des Alternden:
Hey – ich seh‘ gar nicht so beschissen aus, wie ich mich fühle.
Hey – ich fühle mich gar nicht so beschissen, wie ich aussehe.
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„Älter“ ist zwar ein Komparativ, aber jünger als alt.
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Kollektivkreativität?
Die Menge ist immer dumm, weil von Sozialisierungszwängen diktiert. Vielleicht können sehr kleine, sehr homogene und sehr disziplinierte Gruppen die individuelle Kreativität steigern, weil sie Fakt oder Ball oder Ton an die richtige Stelle setzen. Die Kreativität aber bleibt beim Individuum.
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Organ 3.0

Lexikon der Menschheitsgeschichte, Takanda 2656, Bd, 52, Artikel „Organe“ (Auszug S. 734 f.)

Organ 3.0

  • Für die Organe 1.0 konnten die Menschen nichts: Alles zum Atmen, Verdauen, Bewegen, Fortpflanzen hatte ihnen die Natur gegeben.
  • Organ 2.0 erfanden die Menschen später selbst – sie nannten es, sobald sie seiner bewusst wurden, Lingua oder Sprache. 2.0 war ein gewaltiger Schritt in der Sozialisierung, und wurde lange Zeit überschätzt, obwohl die Insuffizienz natürlicher Sprache angesichts banaler Ereignisse wie Trennungen, radikalisierten Aufmärschen, Politikerdiskussionen oder sogenannter Schlager-Akustik schon damals offensichtlich war. Es ist daher kaum vorstellbar, dass es zu einer gewissen Zeit zahlreiche gut bezahlte Berufe gab, die sich praktisch zu 100 Prozent im Natürlich-Sprachlichen erschöpften (Politiker, Pfarrer, Psychologen, Manager).
    Zur maßlosen Überschätzung des neuen Organs trug auch die Weiterentwicklung 2.1, die Verschriftlichung der Sprache, erheblich bei. Organ 2.1 war zwar unbestritten ein gewaltiger Schritt der generationsübergreifenden und globalen Gedächtnisbildung, führte aber zu unangemessenen Ansprüchen an die Organbeherrschung 2.0 und 2.1 unter Vernachlässigung der Naturorgane.
  • Mit der Einführung von technisch-artifiziellen Sozialisierungsgeräten um die Wende vom 2. zum 3. Jahrtausend erhielt die Sekundär-Sozialisierung durch die Sprache eine neue Qualität: Die Menschen erlebten Devices wie Handy, Smartphone, Tablet-Computer als Chance auf unterbrechungsfreie Sozialisierung. Es begann die Zeit der Tertiär-Sozialisierung, deren Qualitätsdifferenz zur primären (Augen, Extremitäten, Körper, Genitalien) und sekundären Sozialisierung (direkte sprachliche Sozialisierung mit optisch-akustisch.gestischer Rückkopplung) lange ignoriert wurde. Die unterbrechungsfreie Sozialisierung führte umgehend zur Abhängigkeit von den technisch-artifiziellen Organen und zu Unlust- bis Angstzuständen bei Absenz selbiger. Der Verlust dieser Geräte wurde als Organverlust empfunden, ihre Absenz als körperliche Unvollständigkeit. Nach dem Vorbild damaliger ostasiatischer Nationalstaaten gingen Anfang des 22. Jahrhunderts die höchstentwickelten Erdregionen zur postnatalen Implantation der Geräte über. Seither spricht die Medizin vom „Organ 2.0“, die Kulturwissenschaft unter Berücksichtigung der Sprach-Organs vom „Organ 3.0“.
    Die Folgen sind bekannt: Die primitiveren Sozialisierungsfähigkeiten wurden von der Mehrzahl der Population  zunehmend verlernt und zugunsten der modernen Kommunikation vernachlässigt. Erst der Zusammenbruch der globalen Netze im Jahr 2278 nach der „Großen Flut“ erzwang die Rückbesinnung auf die haptisch-optisch-akustische Direktsozialisierung. Der Mehrzahl der überlebenden Population gelang die Anpassung, größtenteils sogar mühelos; etwa vier Prozent der Überlebenden konnten diesen Organverlust nicht ertragen: Sie nahmen sich das Leben oder erlagen schwersten Depressionssymptomen.

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siehe auch: https://xn--apfelbck-s4a.de/film-tipps/

siehe auch: https://xn--apfelbck-s4a.de/musiker-mit-alleinstellungsmerkmal/

The Böck Side of Apple