Platine Odroid-XU4 als Top-NAS

USB 2.0 und Fast Ethernet des Raspberry Pi 2/3 sind nicht überall ausreichend. Für einen leistungsstarken Home-Server wird man andere Platinenrechner bevorzugen. Dieser Beitrag wirft einen kritischen Blick auf das Odroid-Spitzenmodell XU4.

Die Platinenfamilie Odroid des koreanischen Herstellers Hardkernel (www.hardkernel.com) gehört mit Recht zu den populärsten Raspberry-Konkurrenten. Die Odroid-Hardware ist solide und ausgewogen konzipiert, die offiziellen Systemimages werden durch eine aktive Community um zahlreiche Systemalternativen erweitert und Forum, Wiki und das kostenlose „Odroid Magazine“ bieten Tipps und Infos. Das einfache Odroid-Grundkonzept war schon immer, für etwas mehr Geld deutlich mehr Leistung als der Raspberry zu liefern. Das Spitzenmodell XU4 ist freilich deutlich teurer als ein Raspberry – ist es auch deutlich besser?

Odroid XU4 (Quelle: pollin.de)
Odroid XU4 (Quelle: pollin.de)

Die technischen Daten des Odroid XU4

Der Odroid-XU4 bleibt nur knapp unter der psychologischen Schmerzgrenze von 100 Euro: Inklusive dem empfehlenswerten Gehäuse liegt er mit circa 95 plus 8 Euro bei etwa 103 Euro (www.pollin.de). Dafür gibt es aber eine Achtkern-CPU (Samsung Exynos 5422), deren vier schnelle Kerne (Cortex-A15) mit 2 GHz takten, vier sparsame Kerne (Cortex-A7) mit 1,4 GHz. Der Arbeitsspeicher beträgt 2 GB, und als GPU-Chip arbeitet ein Mali-T628 MP6, der auch in hochpreisigen Samsung-Tablets zum Einsatz kommt. Fast noch wichtiger für den Einsatz als Server sind der Gigabit-Netzadapter und die beiden USB-3.0-Anschlüsse (plus einer mit USB 2.0). Nicht jedermanns Sache ist der aktive CPU-Lüfter, der zwar akustisch recht dezent bleibt, aber unter Last recht häufig anläuft. Insgesamt scheint diese Hardware in Kombination mit ein, zwei externen Festplatten an USB 3.0 ideal für einen richtig schnellen, NAS-ähnlichen Datenserver im Gigabit-Netz.

Die Auswahl des Betriebssystems

Die Auswahl an offiziellen Systemen des Herstellers und weiteren inoffiziellen Alternativen ist mehr als zufriedenstellend und deckt alle Bereiche ab (siehe http://odroid.com/dokuwiki/doku.php?id=en:odroid-xu4). Unter anderen finden sich hier mehrere Android-Versionen, Ubuntu, ferner das NAS-System Open Media Vault 2.1.1, Odrobian (ein Debian 8.3 „Jessie“ mit vorinstalliertem Kodi und Mate-Desktop), Ubuntu-Server sowie schlanke Debian-8-Server-Varianten. Damit lässt sich die Platine ohne viel Handarbeit sowohl für Desktop- wie für Server-Aufgaben nutzen.
Für den Serverbetrieb sind Open Media Vault (OMV, Download https://sourceforge.net/projects/openmediavault/files/Odroid-XU3_XU4/) oder ein Debian/Ubuntu erste Wahl. Wer für die Verwaltung mit dem SSH-Terminal auskommt, wird sich für eines der letztgenannten Systeme entscheiden. Das voreingestellte Passwort für root ist in der Regel „odroid“, das Odroid-Forum gibt dazu Auskunft für jeden Einzelfall.

OMV hat den Vorteil einer attraktiven Konfigurationsoberfläche, die via Nginx-Server auf dem OMV-System im Netzwerk über jeden Browser erreichbar ist (standardmäßig ist der User „admin“ mit dem Passwort „openmediavault“ zugangsberechtigt). Ein Datenserver in einem nicht sicherheitskritischen Heimnetz oder Home Office ist aber über das SSH-Terminal mit einigen „net usershare“-Befehl oft schneller eingerichtet als über OMV. Das unentbehrliche Samba ist bei Serversystemen wie OMV oder Ubuntu-Server vorinstalliert, muss aber etwa bei Odrobian noch mit

 apt-get install samba samba-common

nachinstalliert werden.
Die Odroid-Images kommen wie üblich als gz-Archive, die auf Linux-Systemen mit der vorinstallierten Archivverwaltung zu entpacken sind. Unter Windows ist dafür der freie Packer 7-Zip erforderlich (auf Heft-DVD). Unter Linux nutzen Sie dann das Tool dd zum bootfähigen Übertragen des entpackten Systems auf SD-Karte, unter Windows den Win 32 Diskimager (auf Heft-DVD). Acht GB auf der SD-Karte sollte für alle erwähnten Systeme und für einen Server-Einsatz ausreichen. Für einen Desktop-Einsatz sollte wenigstens das Doppelte bereitstehen.

Klickfreundliches Serversystem für Odroid-XU4: Für die Platine gibt es ein gutes Dutzend Systemimages. Wer die SSH-Administration scheut, kann zu Open Media Vault greifen.
Klickfreundliches Serversystem für Odroid-XU4: Für die Platine gibt es ein gutes Dutzend Systemimages. Wer die SSH-Administration scheut, kann zu Open Media Vault greifen.

Datenträger einrichten und Leistung messen

Kommerzielle NAS-Systeme bestehen bei der Nutzung der eingeschobenen Festplatten obligatorisch auf ihrem Linux-eigenen Dateisystem – heute meist Ext4. Das heißt, dass Datenträger mit anderen Dateisystemen wie etwa NTFS zwangsläufig neu formatiert werden müssen. Im Hinblick auf eine optimale Leistung ist dies auch für jeden Platinenserver dringend zu empfehlen: Der getestete Odroid-XU4 erreichte mit NTFS- und exFAT-Partitionen nicht etwa relativ schlechtere, sondern dramatisch schlechte Durchsatzwerte von kaum 5 MB pro Sekunde.
Das Formatieren unter OMV geschieht unter „Datenspeicher -> Dateisysteme“, im SSH-Terminal mit mkfs.ext4 /dev/sd[xy] oder auch mit X11-Forwarding und dem Tool gparted. Für die Netzwerkfreigaben aktivieren Sie in OMV zunächst Samba unter „Dienste -> SMB/CIFS -> Einstellungen“ und geben unter „Dienste -> SMB/CIFS -> Freigaben“ die Datenträger im Netz frei. Dazu muss vorher unter „Zugriffskontrolle -> Benutzer“ mindestens einen Benutzer angelegt sein. Die Vorgehensweise im SSH-Terminal mit smbpasswd -a [user] (Samba-User anlegen) und net usershare add [name] /[Mountpunkt]/ „[Name]“ [user]:f (Samba-Freigabe) ist analog.

Nach diesen Vorbereitungen sind durch Messungen von Netzwerkkopien praktische Aussagen über die Leistung des Odroid-XU4 möglich: Die Platine ist flott, leistet aber nicht ganz, was sie verspricht: Sehr schnell ist das Kopieren vom Platinenrechner zum Samba-Client (im Gigabit-Ethernet): Diese Kopien erreichen 80 bis maximal 95 MB pro Sekunde – dieser Durchsatz liegt mit etwas Wohlwollen nahe am Gigabit-Bereich. Beim Kopieren vom Client zum Odroid-XU4-Platinenserver erreicht wir hingegen nur maximal 45 MB/s, im Schnitt eher nur 40 MB/s. Dies liegt ziemlich eindeutig an den USB-3.0-Schnittstellen, wie Kopiervorgänge direkt am Odroid-XU4 zwischen den beiden angeschlossenen Festplatten belegen: Auch hier kommt die Platine nur auf etwa 55 MB pro Sekunde. Die von uns genutzten Festplatten sind keine Top-Geräte (WD Mybook 4 TB und Intenso Memory 2 TB), sollten aber beim Schreiben 110 MB/s beziehungsweise 80 MB/s erreichen. Einen Teil des eher durchschnittlichen Schreibdurchsatzes rechnen wir daher der Platine an.

Die Schreibleistung ist suboptimal: Wie internes Kopieren zwischen den angeschlossenen Festplatten (ohne Netzwerk) zeigt, bleibt die Platine hier unter den Möglichkeiten der Datenträger.
Die Schreibleistung ist suboptimal: Wie internes Kopieren zwischen den angeschlossenen Festplatten (ohne Netzwerk) zeigt, bleibt die Platine hier unter den Möglichkeiten der Datenträger.

Aber lassen wir die Kirche im Dorf: Unterm Strich hat der Odroid-XU4 das Attribut eines Top-Datenservers trotzdem verdient. Er liefert die Daten acht- bis neunmal schneller aus als ein Raspberry Pi und empfängt sie vier- bis fünfmal schneller. Durch Top-Festplatten ist dies eventuell noch zu steigern. CPU und Speicher bieten deutlich mehr als typische kommerzielle Home-NAS-Geräte und sind beim Einsatz als Datenserver kaum ernsthaft gefordert. Leistung und aktiver Lüfter schlagen sich allerdings nicht nur beim Preis nieder, sondern auch beim Stromverbrauch: Die Platine kommt im Idle-Betrieb kaum unter 4 Watt und fordert bei Last und laufendem Lüfter bis zu 10 Watt – das ist jeweils circa der doppelte Verbrauch eines Raspberry.