Der Mate-Desktop ist natürlich längst kein „Geheimtipp“ mehr: Unter Ubuntu ist die Mate-Edition zur offiziellen Variante aufgestiegen, und keine große Desktop-Distribution wie etwa Linux Mint verzichtet auf Mate. Selbst am Raspberry Pi ist Mate 2016 angekommen. Der Mate-Desktop macht wohl einiges richtig, das sowohl Einsteigern als auch Systembastlern entgegenkommt. Entstanden ist Mate ähnlich wie Cinnamon als Abspaltung von Gnome 2, um dessen klassisches Bedienkonzept – in Ablehnung des modernen Gnome 3 – weiterzuführen.
Gute Gründe für den Mate-Desktop
Anders als einige hier ebenfalls beschriebene Alternativ-Desktops (Openbox unter Bunsenlabs, Moksha unter Bodhi Linux) kennt Mate keine Spezialisierung, sondern hat eine universale Ausrichtung. Einerseits ist der Mate-Desktop anspruchslos, kommt auf 32-Bit-Ubuntu mit etwa 300 MB RAM aus und läuft folglich bereits mit 1 GB Speicher klaglos, übrigens auch mit jedem Grafikchip. Damit eignet er sich auch für leistungsschwächere Hardware und Platinenrechner. Andererseits bringt Mate alles mit, was man von einer Arbeitsumgebung erwartet. Desktop, Menü, Systemleiste(n) und Konfigurationszentrale sind aufgeräumt und einfach zu bedienen, zudem reaktionsfreudig. Hinzu kommt der richtig gute Dateimanager Caja, der gegenüber seinem Vorbild Nautilus einige Pluspunkte sammelt.
Natürlicher Gegner von Mate ist der schlanke Desktop XFCE, aber er kann auch gegenüber Cinnamon (Mint-Standard) und Unity (Ubuntu-Standard) bestehen. Mate ist fast so sparsam wie XFCE und dabei moderner und schicker. Er ist schlanker als Cinnamon, annähernd so anpassungsfähig und dabei einfacher und intuitiver. Er ist ferner deutlich sparsamer als Unity und wesentlich anpassungsfähiger als dieser.
Ubuntu Mate oder Mate-Desktop installieren
Die ISO-Images für Ubuntu Mate inklusive ARMv7-Ausführung für den Raspberry finden Sie unter https://ubuntu-mate.org/download. Das Setup ist direkt aus dem Livesystem möglich (Desktop-Link) und wird vom bewährten Ubuntu-Installer Ubiquity erledigt.
Wenn Sie auf einem laufenden Ubuntu mit einem anderen Desktop Mate nachinstallieren wollen, binden Sie ein PPA ein und installieren auf diesem Weg im Terminal:
sudo apt-add-repository ppa:ubuntu-mate-dev/xenial-mate sudo apt-get update sudo apt-get install mate
Soll unter Ubuntu nur eine ältere Mate-Version durch die aktuellste Version 1.16.1 ersetzt werden, verwenden Sie als dritten Befehl diesen:
sudo apt-get dist-upgrade
Über die aktuelle installierte Mate-Version informiert Sie der Befehl mate-about.
Die Elemente von Mate
Mate hat wie jedes Desktop-Linux eine Konfigurationszentrale, die sich hier „Steuerzentrale“ nennt und im Hauptmenü unter „System“ erscheint. Der Programmname lautet mate-control-center. Hier sind die typischen Applets zur Geräteeinrichtung (Bildschirm, Drucker), Systemaktualisierung, Benutzerverwaltung oder Sprachunterstützung zu finden. Die allermeisten Anpassungen des Desktops können Sie aber bei Mate praktisch durchgängig direkt und intuitiv über Kontextmenüs an den Elementen erledigen.
Systemleiste(n): Systemleisten sind an allen vier Bildschirmrändern möglich – in ganzer Länge oder auf den Inhalt gekürzt (ohne Option „Ausdehnen“). Alle optischen und inhaltlichen Optionen stehen nach Rechtsklick auf eine freie Leistenstelle über die Optionen „Zur Leiste hinzufügen“ und „Eigenschaften“ bereit. Ein neue Leiste erstellen Sie ebenfalls mit Rechtsklick auf eine bereits bestehende, indem Sie „Leiste anlegen“ wählen. Der kleine Dialog, den Sie über die „Eigenschaften“ starten, bietet alles zur Positionierung und Größe, zum Ausblendverhalten und zur optischen Verfeinerung.
Die Leisten lassen sich mit insgesamt 46 verschiedenen Modulen bestücken – zum Standard gehören „Herunterfahren“, die „Fensterliste“ der gestarteten Programme, das „Benachrichtigungsfeld“ mit Netzwerk- und Lautstärke-Indikatoren, die Zeitanzeige und natürlich das Hauptmenü.
Die Leistenmodule lassen sich nach Rechtsklick verschieben, sofern das Modul nicht gesperrt ist (Option „Auf der Leiste sperren“). Die weitere Kontextoption „Aus der Leiste entfernen“ beseitigt ein unnötiges Element.
Hauptmenü: Die Mate-Systemleiste nutzt standardmäßig von vier möglichen Menü-Applets das großzügige „Advanced Mate Menu“. Es zeigt eine kategorisierte Liste der installierten Programme, unter „System“ Links zur Steuerzentrale und zum Terminal sowie „Abmelden“ und „Herunterfahren“, ferner Programmfavoriten und Ordnerfavoriten.
Wer nicht alles im Hauptmenü sehen will, findet nach Rechtsklick und „Einstellungen“ minutiöse Anpassungsoptionen über Inhalt und Aussehen. Über die Registerkarte „Module“ können Sie das Menü stark reduzieren, indem Sie etwa „Orte“ (Verzeichnisse) oder „System“ ausblenden. An gleicher Stelle gibt es Transparenzeffekte, während auf der Registerkarte „Thema“ eigene Farbdefinitionen vorgesehen sind. Selbst das Menüsymbol und der Name lassen sich unter „Hauptknopf“ individuell bestimmen.
Für das „Advanced Mate Menu“ gibt es außerdem einen Menüeditor (mozo), mit dem Sie das komplette Anwendungsmenü und dessen Kategorien inhaltlich bearbeiten, umsortieren oder ausmisten. Der Editor ist am schnellsten durch Rechtsklick auf das Menü und die Option „Menü bearbeiten“ zu erreichen.
Desktop als Dateiablage: Anders als „moderne“ Oberflächen versteht Mate den Desktop als klassische Dateiablage. Der Rechtsklick am Desktop zeigt daher die Optionen „Ordner anlegen“ und „Starter anlegen“. Für einen Programmstarter müssen Sie nur einen Namen angeben und den Programmbefehl. Das passende Symbol für den Starter holt sich Mate automatisch. Zur Ausrichtung der Desktopsymbole verwenden Sie nach Rechtsklick die Option „Anordnung fixieren“. Wie fast bei jeder Desktop-Linux gibt es nach Rechtsklick auch das Angebot „Hintergrund des Schreibtischs ändern“.
Leistenapplets für viele Aufgaben
Die Systemleiste von Mate liefert eine Basisausstattung und lädt zur Erweiterung ein. Die über die Kontextoption „Zur Leiste hinzufügen“ verfügbaren Applets sind eine genauere Durchsicht wert:
Arbeitsflächenumschalter: Diese Applet ist sehr zu empfehlen. Zwar ist der Wechsel zum nächsten virtuellen Desktop auch mit den Tastenkombinationen Strg-Alt-Cursor rechts/links möglich, die Miniübersicht im „Arbeitsflächenumschalter“ bietet aber visuelle Kontrolle und den Wechsel per Mausklick. Außerdem kann die Miniübersicht per Drag & Drop Programmfenster auf andere Desktops ziehen. Nach Rechtsklick auf den „Arbeitsflächenumschalter“ ist auch die Anzahl der Arbeitsflächen konfigurierbar.
Ein wichtige Ergänzung beim Einsatz von virtuellen Arbeitsflächen ist eine Option des Applets „Fensterliste“: Die zeigt standardmäßig nur die Tasks der aktuellen Arbeitsfläche an, kann aber auch sämtliche Fenster aller Arbeitsflächen anbieten. Das lässt sich nach einem Rechtsklick auf den Anfasser links der Fensterliste über die „Eigenschaften“ einstellen.
Hauptmenü: Neben dem opulenten Standardmenü gibt es weitere Menüvarianten. Das kleine Applet „Hauptmenü“ präsentiert ein kompaktes, nach Kategorien geordnetes Programmmenü.
Systemüberwachung: Dieses Applet zeigt die Auslastung von Prozessor, Arbeitsspeicher, Netzwerkschnittstelle, Swap und Festplatte an. Nach der Platzierung in der Leiste ist noch eine Detailkonfiguration erforderlich.
Gerätesensorenüberwachung: Dieses Applet benötigt zum Betrieb zwei vorbereitende Schritte. Zuerst muss über ein Terminalfenster mit
sudo apt-get install lm-sensor
der Systemdienst zur Auswertung von Hardwaresensoren installiert werden. Anschließend startet der Befehl
sudo sensors-detect
die automatische Erkennung der Sensoren von CPU und Chipsatz. Die Fragen können mit der Enter-Taste bestätigt werden. Am Ende geben Sie auf die Rückfrage „Do you want to add these lines automatically to /etc/modules“ noch „yes“ ein. Danach ist das Applet betriebsbereit.
Klebezettel: Zur Verwaltung von Notizen bietet eine Mate-Umgebung die Anwendung Tomboy. Es gibt für Mate aber auch eine anspruchslosere Alternative. Das Applet „Klebezettel“ platziert kleine Zettel in definierbarer Größe, Schrift und Farbe auf den Desktophintergrund. Die Zettel blenden sich beim Klick auf das Applet oder auf den Desktop automatisch aus.
Barockes Caja: Muster und Farben für Ordner
Der Mate-Dateimanager hat diverse Anpassungsspezialitäten an Bord, die sein Vorbild Nautilus längst ausgemistet hat, und baut dessen früheres Angebot sogar noch aus. Caja kann den Ordnerhintergrund einzelner oder aller Ordner verändern. Voraussetzung ist die Symbolansicht („Ansicht -> Symbole“) oder die Kompaktansicht. Die Listenansicht zeigt diese Gimmicks weder an, noch kann sie Änderungen übernehmen. Zum Ändern des Hintergrunds eines Ordners wählen Sie „Bearbeiten -> Hintergründe und Symbole“ und ziehen ein Muster oder eine Farbe auf den Ordner. Bei Verwendung der rechten Maustaste können Sie entscheiden, ob die Aktion nur für den einen Ordner oder generell gelten soll. Um eine Wahl wieder zu korrigieren, ziehen Sie den Eintrag „Zurücksetzen“.
Noch nicht genug Farbe? Nach Rechtsklick auf einen Ordner zeigt das Kontextmenü die Option „Folder’s Color“. Dies färbt das Ordnersymbol in der gewünschten Farbe, außerdem gibt es an dieser Stelle einige Embleme, um ein Verzeichnis mit einem kleinen Zusatzsymbol wie einem „Favorite“-Sternchen auszuzeichnen. Die volle Auswahl der Embleme erscheint nach Rechtsklick und „Eigenschaften“ auf der Registerkarte „Embleme“.
Die Navigationsspalte in Caja ist multifunktional und kann außer dem Standard „Orte“ jede Menge mehr. Das Dropdown-Menü über der Spalte zeigt unter anderem „Orte“, „Baum“, „Verlauf“, „Notizen“. Beachten Sie, dass sich „Notizen“ immer auf den aktuellen Ordner bezieht. Das eröffnet die Möglichkeit, Zusatzinformationen über den Status und Inhalt von Verzeichnissen abzulegen. Wenn für einen Ordner „Notizen“ existieren, erhält dessen Icon ein kleines Notizensymbol.
Desktop-Themen einstellen und anpassen
In der Steuerzentrale gibt es unter „Erscheinungsbild -> Thema“ über ein Dutzend Themes für Fenster und Menüelemente. Das Untermenü „Anpassen“ erlaubt für jedes Schema noch Feineinstellungen zum Stil der Leiste, Farben, Mauszeiger und Symbole. Es empfiehlt sich, ein selbst zusammengestelltes und gelungenes Schema mittels „Speichern unter“ zu sichern, um bei misslungenen Änderungen wieder zur Vorlage zurückkehren zu können. Die Möglichkeit, im Themendialog „Weitere Themen online“ zu beziehen, funktioniert derzeit allerdings ebenso wenig wie die direkte Installation heruntergeladener tar.gz-Themen.
Desktopeffekte je nach Grafikchip
Die dezenten Grafikeffekte von Mate brauchen keinen modernen Grafikchip. Wenn der Rechner jedoch einen Grafikprozessor von Intel, AMD oder Nvidia anbietet, beherrscht der Desktop auch hardwarebeschleunigte Grafikeffekte über Open GL. Dafür ist nicht Mate selbst mit seinem Fenstermanager „Marco“ zuständig, sondern der separate Fenstermanager „Compiz“. Den Wechsel erledigen Sie im Bereich „Darstellung“ der Steuerzentrale unter „Mate Tweak-> Fenster“. Die Dropdown-Liste unter Fensterverwaltung kann im laufenden Betrieb auf „Compiz“ umschalten. Ebenso schnell kommen Sie hier auch wieder zum Marco-Fenstermanager zurück.
Info: Desktop Mate und Ubuntu Mate
Der beliebteste Unterbau für Mate ist Ubuntu. Wer es noch ein Stück schlanker haben will, dem sei Debian 8.7.1 mit dem Mate-Desktop empfohlen (http://cdimage.debian.org/debian-cd/current-live/).
Projektseite Ubuntu Mate: https://ubuntu-mate.org/
Download Ubuntu Mate: https://ubuntu-mate.org/download/
Infos: https://ubuntu-mate.org/about/
https://wiki.ubuntuusers.de/Ubuntu_MATE/