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Der Name Apfelböck
Die geographische Verbreitung des Familiennamens “Apfelböck” oder auch “Apfelbeck” legt nahe, dass alle heutigen Träger dieses Namen auf eine einzige genealogische Ahnen-Wurzel zurückgehen, mithin alle über Ecken miteinander verwandt sind. Die unterschiedliche Schreibung “Apfelböck” oder “Apfelbeck” ist auf Willkür oder Ungenauigkeit von Standesbeamten im 19. und noch im 20. Jahrhundert zurückzuführen, die den Namen so schrieben, wie sie ihn akustisch verstanden. Noch in meiner eigenen Familie gab es einen monatelangen Kampf, ein in unserem Falle fehlerhaftes “Apfelbeck” einer Heiratsurkunde wieder zum Umlaut “ö” zu bereinigen.
Die Mehrzahl der Apfelböcks/Apfelbecks findet sich nämlich noch heute dort, wo der Ursprung der Sippe und des Namens liegen muss – im niederbayerischen Raum Straubing – Deggendorf – Landshut, genauer in der Gegend Landau, Mamming, Reisbach, Eichendorf, Mettenhausen (Landkreis Dingolfing-Landau).
Dies zeigt ein einfacher Blick ins Telefonbuch (eine seit jeher bewährte und zulässige Methode der Namen- und Ahnenforschung) und die Verteilung der Apfelböcks. Die Häufigkeit des Namens nimmt ab, je weiter man sich von der genannten Gegend entfernt. Es gibt kein zweites geografisches Zentrum für die Ausbreitung des Namens.
Siehe dazu auch www.verwandt.de und Worldnames.
Dass im Raum München relativ viele Apfelböcks anzutreffen sind, erklärt sich ganz einfach mit der wirtschaftlichen Anziehungskraft dieser nächstgelegenen Metropole (auch ich lebe als Asylant mit Bleiberecht im Raum München). Außerhalb Bayerns sind Apfelböcks selten zu finden. Hat man Gelegenheit, einen Apfelböck jenseits der bayerischen Grenzen auf seine Herkunft anzusprechen, bestätigt sich die Annahme, er oder einer seiner Vorfahren sei aus Niederbayern ausgewandert (so etwa die Apfelböcks aus Dresden).
Bedeutung des Namens
Deutung A: Die erste Frage, die mir der Sprach- und Literaturwissenschaftler Prof. Hans-Friedrich Rosenfeld (1899-1993) in seiner Sprechstunde stellte, nachdem ich meinen Namen genannt hatte: “Sie wissen schon, was Ihr Name bedeutet?” Ich hatte nie ernsthaft darüber nachgedacht.
Der “Apfelbeck” (das wäre eigentlich die treffendere Schreibung), das ist wörtlich der “Apfelbäcker”. “Beck” ist die niederbairische Aussprache für den Bäcker. Deutungsvarianten bleiben trotzdem einige offen:
1. Einer, der sehr viele Äpfel hat und irgendwie verarbeiten muss…
2. Einer, der sehr geschickt Bratäpfel zubereitet…
3. Einer, der bekannt ist für den professionellen Umgang mit Dörrobst, Haltbarmachen von Obst allgemein (“Apfel” als pars pro toto für Obst)…
Ein Berufsname (wie “Müller”, “Bauer”, “Huber, “Schmied”) ist “Apfelböck” sicher nicht, denn von der Obstzubereitung allein konnte zur Zeit der Nachnamensentstehung niemand leben. Es handelt sich um einen sogenannten Übernamen, der eine spezielle Eigenart, eine Auffälligkeit des Trägers chakterisiert.
Eigentlicher Beruf der Ur-Apfelböcks war mit Sicherheit der, den auch heute noch viele der in Niederbayern verbliebenen Namensträger ausüben: Landwirt.
Deutung B: Ein Besucher dieser Seite hat mich auf eine andere Erklärung des Namens hingewiesen, die aufgrund der Geographie ebenfalls plausibel erscheint: Es gibt in Niederbayern in der Gegend Arnstorf-Johanneskirchen den kleinen APFELBACH mit kaum drei Kilometer Länge, der bei Dummeldorf in den Sulzbach mündet. Dann wäre der Name Apfelböck/Apfelbeck ursprünglich eine Herkunftsbezeichnung als „Apfelbacher“, also „die vom Apfelbach stammenden“. Die spätere Umdeutung zum „Apfelbäcker“ ist plausibel, weil „Backen“ im Bairischen „bacha“ ausgesprochen wird. Diese Umdeutung liegt vor allem überall auf der Hand, wo der namengebende, winzige Apfelbach den Bewohnern nicht bekannt ist – und das dürfte schon in geringer Entfernung vom Apfelbach zutreffen.
Zusammenfassung: Trifft Deutung B als Herkunftsname zu, dann hätten wir insgesamt die interessante Entwicklung eines Herkunftsnamens „die vom Apfelbach“ zum charakterisierenden Übernamen „die Apfelbäcker“. Diese Umdeutung zum Übernamen ist, wie schon unter B gesagt, zwanglos und naheliegend überall dort, wo der Name als Herkunftsname nicht verstanden wurde.
Joseph, das schwarze Schaf der Sippe und Bert Brecht
1919 erschoss der 16-jährige Joseph Apfelböck (1903-1980) in München, Haidhausen (Lothringer Straße) seine Eltern und ließ sie so lange in der Wohnung faulen, bis Nachbarn, Milchfrau und Postboten der penetrante Leichengeruch auffiel. Der jugendliche Mörder zeigte nach der Festnahme keine Reue, als Motiv äußerte er angeblich nur: “Ich wollte meine Ruhe haben!”
Schlimm genug. Bert Brecht las die Meldung in der Zeitung, war offenbar gefesselt und ließ sich zu seinem Gedicht “Apfelböck oder Die Lilie auf dem Felde” (1919) animieren. Brecht ändert den Vornamen – absichtlich oder irrtümlich – zu „Jakob“.
So bekam eine ehrgeizige, umtriebige und – im provinziellen Rahmen – angesehene Sippe (CSU-Mitgliedschaft ist ja per se noch nicht kriminell) zum kriminellen Schandfleck auch noch die literarische Überhöhung eines weltbekannten Autors dazu, welche eine längst vergessene Tat wohl noch 100 Jährchen weitertragen wird.
Bertolt Brecht, “Apfelböck oder die Lilie auf dem Felde”
Strophe 9 (von 11):
Es sprach die Milchfrau einst, die täglich kam:
Was riecht hier so? Es riecht, als wenn man stirbt!
In mildem Licht sprach Jakob Apfelböck:
Es ist das Kalbfleisch, das im Schrank verdirbt.