Film-Tipps

Diese Seite ist zur Marginalie verurteilt. Ich bin kein Cineast und überdies der Meinung, dass es sehr viele schlechte und noch mehr belanglose Filme gibt, die einen zwei Stunden ganz gut unterhalten mögen, dann aber in noch kürzerer Zeit wieder vergessen sind. Auslöser, hier einige Filme zu feiern, ist ein ganz konkretes Exemplar, ferner die Erfahrung, dass die meisten Filmkritiken über die dämliche Nacherzählung des Handlungsplots nicht hinauskommen.

Winter’s Bone (2010)

Jeder kennt diese subtil bis plump inszenierte Spannung der heilen Welt, in der früh das Grauen anklingt, sich das Böse im Soundtrack und in winzigen Vorboten ankündigt, der Tag mit bunten Farben in der Erzählzeit immer kürzer wird und Horror und Nacht die Welt übernehmen…

„Winter’s Bone“ ist ein Gegenentwurf zu diesem Erzählmuster. Die Welt der 17-Jährigen Heldin (und diese Bezeichnung verdient sie unumstritten) ist alles andere als heil. Eine pflegebedürftige Mutter, zwei kleine Geschwister, der Vater und Ernährer der Familie verschollen. Das Ganze spielt in einer kalten abgelegenen Gegend von Missouri, die so hart und mitleidlos ist wie ihre menschlichen Bewohner. Nur ganz leise, in der Mimik oder einer kleinen Geste schimmert ein Rest von Mitleid und Hilfsbereitschaft. Es ist eindrücklich erzählt, wie schmal der Korridor möglicher Humanität ist, wo jeder mit Härte um seine eigene Existenz zu kämpfen hat. Die Heldin erfährt Kälte, Abweisung und körperliche Gewalt, und in den Gesichtern der Beteiligten einschließlich der Peiniger steht die Hilflosigkeit, dass es keine Alternative gebe. Kriminell oder kleinkriminell sind sie alle. Entschuldigt wird das nicht, aber verstehbar.

Die Handlung treibt die verzeifelte Suche der Heldin nach dem verschollenen Vater. Sie muss ihn finden oder seinen Tod nachweisen, um nicht Haus und Existenz zu verlieren. Diejenigen, die um dessen Verbleib wissen, haben aber nachvollziehbare Gründe, ihre Suche zu verhindern. Am Ende geht die junge Heldin ein Risiko, bei dem der Zuschauer ihre Vernichtung erwarten wird. Dass die kleinen Zeichen für Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft schließlich doch siegen, sorgt für ein tröstliches, aber gänzlich unspektakulär inszeniertes „Happy End“.

„Winter’s Bone“ enthält keine einzige Aussage, die direkt politisch oder zumindest politisch deutbar wäre. Ungeachtet dessen sagt der Film mehr über sozial abgehängte Bevölkerungsschichten als zwanzig politische Sendungen, die uns die Befindlichkeit einer Wählerschaft erklären wollen, die ihre letzte Hoffnung in einen Populisten setzen.